Das Züchten von Myzelien auf Agar in Petrischalen ist einfacher als es scheint. Es erfordert weder ein Forschungslabornoch ein professionelles Gewächshaus. Im Grunde kann es jeder, dem eine standarmäßig ausgestattete Küche zur Verfügung steht. Aus dem Bereich der Laborgeräte braucht man lediglich eine Petrischale (einsterilisierender Autoklav ist von Vorteil, aber nicht zwingend notwendig). Agar gehört ebenfalls zu den Standartzutaten in der Küche. Mikrobiologische Laborerfahrung ist von Vorteil, aber kein Muss - im Grunde sind die Erfahrungen mit dem Einkochen von Obst völig ausreichend.
Das Züchten des Myzels unter häuslichen Bedingungen
Das Züchten des Myzels erfodert - genau wie die Konservierung von Obst - Sauberkeit und eine sterile Umgebung, sonst wachsen statt der Pilze auf dem Agar lediglich mikrobiellen Kolonien. Die Petrischalen sterilisiert man durch Abkochen bei einer Temperatur von 100 ° C, anschließend führen wir eine Agar-Nährlösung (auch bis 100 ° C beheizt) in die Schalen und schließen sie mit einem Deckel. Die Nährlösung lässt man im Kühlschrank erstarren. Da die Agarnährlösung dem Pilz nicht als Nährmitel reicht, muss der Nährlösung noch eine Komponente, wie Gerstenmalz und Hefe-Extrakt, zudem noch Sojaproteine hinzugefügt werden können (alle Zutaten sind im Handel erhältlich) zugefügt werden. Pilze sind nicht anspruchsvoll, viele Arten wachsen auf völlig unzureichenden Substraten, so dass wir uns um ihre Ernährung keine allzu großen Sorgen machen müssen.
Das, was wir zu Befürchten haben, sind Bakterien und Schimmel. Die sterilen Petrischalen dürfen nach dem Befüllen und Abdecken nicht mehr geöffnet werden (es ist das Gleiche wie beim Einkochen in Flaschen). Wir öffnen sie nur für einen kurzen Moment bei der Impfung mit den Pilzsporen. Die Sporen erhält man aus frischen oder getrocknetem Pilz-Material. Die Impfung findet nach dem Erstarren des Agar (nach ca.20 Stunden im Kühlschrank) statt und mit Hilfe, zum Beispiel eines Edelstahl-Stabes, der über einer Flamme sterilisiert wurde:
Zur Inokulation der Petrischalen heben Sie den Deckel langsam und nur für die kürzeste angemessene Zeit. Sie müssen den Deckel stets über dem Agar haltem, damit keine Bakterien in das Innere gelangen können. Ideal ist eine Umgebung mit Raumtemperatur. Wenn alles gut geht, müsste in ein paar Tagen in der Petrischale das weiße Myzel des Pilzes sichtbar werden. Auf dem Myzelbildet sich bald daraus das Primordium ("junge Fruchtkörper"). Bakterienkolonien, mit denen sie sicherlich zu tun haben werden, erscheinen in der Regel als transparent, weiß oder farbig Unebenheiten auf der Oberfläche des Agar. Schimmel bildet zu Anfangs ein ähnliches Myzelium wie der gewünschte Pilz, später aber dann zeigen sich grüne oder schwarze Schimmelpilzsporen. Pilze sind in der Lage einige Arten von Bakterien aus dem Agar "hinauszukonkurierent", aber wenn die Bakterien größere Probleme verursachen solten, könnte man in die Agar Nährflüssigkeit Antibiotika hinzufügen (das aus diesem versetzten Agar gezüchtete Myzel und Primordium werden wir natürlich nicht essen).
Myzel (glänzender Reishi Pilz) | Zwei verschiedene Arten von kontaminierten Myzel in eine Petrischale |
Primordium - Rosenseitling (Pleurotus djamor) | Primordium - Gemeiner Samtfußrübling (Flammulina velutipes) |
Klonen von Pilzen auf Agar
Auf den oben beschriebenen Agarplatten lassen sich Pilze auch klonen. Dazu braucht man ein sauberes, frisches Stück eines lebenden Fruchtkörpers, den man auf die Oberfläche des Agars legt.
Auricularia Pilz (Auricularia Auricula-Judo) |
Die Pilzfasern, aus denen der Fruchtkörper besteht, beginnen allmählich auszutreiben und bilden wiederum ein Myzel, das auf der Oberfläche des Agar wächst. Wenn Sie dieses Myzel verwenden, um ein anderes Substrat zu impfen, bekommen Sie jene Pilze, die ein Klon jenes Pilzes sind, dessen Stück Fruchtkörper Sie vorher verwendet haben.
Zubereitungen (Kapseln und Tabletten) aus dem Myzel und Primordien
Die wichtigsten positiven Bedeutung der Tatsache, dass das Myzel auf Agar wächst ist, dass wir uns visuell davon überzeugen können, dass es tatsächlich das Myzel des Pilzes und keine Bakterien oder Schimmelpilze sind, die da wachsen. Es ist wichtig für den Anbau von Pilzen - auch auf natürlichem Substrat -, damit wir uns sicher sein können, dass dort tatsächlich der Fruchtkörper eines Heilpilzes heranwächst und nichts anderes.
Heute kann es jedoch oft der Fall sein, dass aus zeitlichen Gründen nicht erst bis zum Heranwachsen des Fruchtkörpers eines solchen gezüchteten Heilpilzes gewartet wird (was bei manchen Pilzarten mehrere Monate dauern kann), sondern die Pilzkapseln und -tabletten direkt aus dem Mycel / Primordium produziert werden. Dies ermöglicht eine kürzere und damit billigere Produktion. Das Mycel wächst schnell auf Agar, aber die Nährstoffe in dem Agar sind ebenfals schnell erschöpft. Das Wachstum des Fruchtkörpers wird dann gestoppt und die daraus resultierenden Pilzbiomasse muss verarbeitet werden. Produkte aus dem Mycel müssen mehrfach konzentriert werden, weil ihre größte Bestandteil aus dem erschöpften Agar besteht. Während die Konzentration bei den Pilzen ein optionaler Prozess ist, ist es bei dem Myzel eine Notwendigkeit, die in erster Linie dem Entfernen des Agar und anderen passiven Komponenten dient.
Wenn wir diesen insudtriellen Prozess zu Hause imitieren wollten, müssten wir das Agar aus den Petrischalen herauskratzen, in einem Kochglas oder Emailletopf auskochen wieder extrahiert. Wir würden eine Sekundär-Pilz-Brühe erhalten, die eine Mischung aus dem Myzel, den Primordien und angereichertem, gelösten Agar enthielt. Durch Filtration und Eindampfen erhält man ein Konzentrat, das man zur Herstellung flüssiger Produktenverwenden könnte. Durch Trocknen erhielten wir ein Pulverkonzentrat, welches man dann in Kapseln abfüllen oder zu Tabletten pressen könnte. Lassen Sie mich wiederholen, dass die meisten Heilpilz-Produkte auf unserem Markt auf diese Weise entstehen und das man sie von den Produkten, die aus dem Fruchtkörper hergestellt werden, lediglich durch die Bezeichnungen 'Myzelium', 'Primordium' oder auch 'junger Fruchtkörper' unterscheiden kann. Daher sollte man sich nach dem Herstellungsverfahren und der Herkunft des Produkts stets beim Verkäufer erkundigen.